Stolperschläge (Extrasystolie)

28.10.2024

Es stolpert, fühlt sich an als würde das Herz aussetzen, du merkst den Schlag im Hals: Extraschläge fühlen sich komisch an. In vielen Fällen sind sie harmlos.

Extrasystolen: die überraschenden "Hoppla-Momente" des Herzens

Kennst du das Gefühl, wenn das Herz plötzlich irgendwie stolpert oder einen seltsamen Schlag macht? Dieses Phänomen nennt man Extrasystolen, und sie können einen wirklich erschrecken – auch wenn sie meistens harmlos sind. Mich bringen Sie regelmäßig dazu nachts aufzustehen und zu putzen.

Lass uns gemeinsam anschauen, was bei den Stolperschlägen passiert.

Was passiert, wenn dein Herz stolpert?

Stell dir vor, dein Herz ist ein klassisches Tangopaar – die Dame mit rotem Lippenstift, Blume im Haar und geschlitztem Kleid, der Herr mit Einstecktuch und finsterem Blick. Sie schreiten über die Tanzfläche, immer schön im Takt, synchron und im Fluss. Doch manchmal tritt ein kleiner Stolperer auf, ein zusätzlicher, improvisierter Schritt, der den Tanz erst richtig spannend macht.

So ähnlich ist es mit den Extrasystolen: Ein zusätzlicher Herzschlag schleicht sich ein und bringt das ganze System kurz durcheinander. 

Hast du auch schon einmal das Gefühl gehabt, dass das Herz plötzlich "stolpert" oder kurz innehält, als müsste es sich erst überlegen, ob es weitermachen soll? 

Manche spüren es als überraschendes, starkes "Klopfen" im Hals oder Oberbauch – als müsste man kurz einatmen oder könnte nicht weiteratmen. Manchmal fühlt es sich an wie ein kurzes "Oh je, hat das Herz gerade eine Pause gemacht?"

Diese Extraschläge melden sich oft abends, wenn du zur Ruhe kommst, vor dem Einschlafen oder auch beim Autofahren. Obwohl es sich erstmal erschreckend anfühlt, fängt sich das Herz meistens wieder schnell – wie die Tango-Profis auf dem Parkett. Dein Herz tanzt dann brav im Takt weiter.

Ich kenne diese Stolperschläge auch, und muss zugeben: Sie fühlen sich unangenehm an, besonders, wenn es mehrmals hintereinander "hoppelt".

Unwillkürlich reagiere ich dann mit einer Art "Hab-acht-Stellung" und frage mich: "Stimmt etwas nicht mit meinem Körper?" Es schwingt ein leises Gefühl von Angst mit – und das, obwohl ich genau weiß, dass es harmlose Extraschläge sind.

Was genau sind diese Extraschläge, woher kommen sie, und was kann man tun, wenn sie einem auf die Nerven gehen?

Hat jeder von uns Extrasystolen?
Jeder von uns erlebt hin und wieder so einen Stolperschlag. Wir Kardiologen nennen sie Extrasystolen, und oft merkt man sie gar nicht. Tatsächlich ist es ein weit verbreitetes Phänomen: In den meisten Langzeit-EKGs, die wir auswerten, sind einige Extraschläge aufgezeichnet, ohne dass Beschwerden angegeben wurden.

Aber wir Menschen sind zum Glück sehr unterschiedlich. Manche Menschen bemerken jeden Stolperschlag – das kann lästig sein. (Ich fürchte, ich gehöre auch zu dieser Sorte. Ich tröste mich mit dem Gedanken, dass ein feines Gefühl für den eigenen Körper bei der einen oder anderen Krankheit auch Vorteile haben kann, weil man früher bemerkt, wenn etwas nicht stimmt.)

Andere Personen bemerken nicht, wenn das Herz stolpert – und werden von mir dafür sehr beneidet.

Welche Arten von Extrasystolen gibt es?

  • Extrasystolen aus dem Vorhof: Diese Art von Extraschlägen ist fast immer harmlos.
  • Ventrikuläre Extrasystolen: Sie gehen von der Herzkammer aus und sind meistens ebenfalls harmlos.

Für die ganz Interessierten:

Falls es dich interessiert, hier eine genauere Erklärung zu den ventrikulären Extraschlägen:
Diese Extraschläge werden oft auch im Hals oder im Bauch gespürt. Das liegt daran, dass bei einem normalen Herzschlag zuerst der Vorhof und dann die Herzkammer pumpt. Bei ventrikulären Extraschlägen läuft das jedoch anders ab: Erst pumpt der Vorhof, dann die Kammer, und dann noch einmal die Kammer – und zwar gegen die geschlossenen Klappen.

Was passiert dabei genau?
Die Klappen werden dabei wie ein Regenschirm, der im starken Wind umklappt, in die Vorhöfe gedrückt. Von den Vorhöfen schwappt das Blut über die großen Hohlvenen in den Hals und in den Bauch zurück. Dies kann sich wie ein Druck oder Pochen anfühlen, ist jedoch vollkommen harmlos.

Deshalb spüren manche Menschen den Stolperschlag im Hals oder im Bauch. Dieses Phänomen erklärt auch das Gefühl einatmen zu müssen, oder nicht richtig durchatmen zu können für eine Sekunde.

Bei den normalen Herzschlägen pumpt das Herz kräftig und gleichmäßig. Bei den ventrikulären Extraschlägen macht das Herz eine Schaukelbewegung. Die elektrische Erregung kommt nicht wie bei den Normalschlägen gleichzeitig in den Herzmuskelzellen an. Sondern der Stolperschlag beginnt an einer speziellen Stelle in der Herzkammer. Die Erregung breitet sich dann langsam Zelle für Zelle über das Herz aus. Daher pumpt erst die eine Seite und dann die andere. Durch diese Schaukelbewegung ist die Pumpfunktion nicht optimal und es wird oft weniger Blut ausgeworfen als bei einem Normalschlag. Das trifft natürlich auch dann besonders zu, wenn der Stolperschlag sehr frühzeitig einsetzt und das Herz noch keine Zeit hatte sich zu füllen.

Sind Extrasystolen gefährlich?

In den allermeisten Fällen nein. Wenige Extraschläge am Tag sind ganz normal und absolut harmlos.

Allerdings – und hier kommt der ernsthafte Part – wenn Extrasystolen mit anderen Herzbeschwerden auftreten, sollte das abgeklärt werden. Ein Termin beim Kardiologen kann klären, ob das alles nur halb so wild ist oder ob wir genauer hinsehen müssen.

Was macht der Arzt?

Der Arzt führt ein ausführliches Gespräch mit dir und erstellt ein EKG. Gegebenenfalls werden auch ein Langzeit-EKG, eine Blutentnahme und eine Herzultraschalluntersuchung beim Kardiologen geplant.

Die Befragung

Zunächst fragt der Arzt genau, wann das Herzstolpern auftritt, wie oft es vorkommt, ob dir dabei schwindelig wird oder ob du sogar schon ohnmächtig geworden bist (von einfachen Extrasystolen wird man in der Regel nicht ohnmächtig). Er erkundigt sich, ob eine Infektion der Auslöser sein könnte, ob sonstige Erkrankungen oder Beschwerden vorliegen, ob es hormonelle Veränderungen gibt und ob es in der Familie Herzkrankheiten gibt.

EKG und Langzeit-EKG

Zur Abklärung von Herzstolpern wird ein Ruhe-EKG gemacht, und oft wird auch ein Langzeit-EKG über 24 Stunden angelegt, um die Extraschläge zu erfassen. Für das Langzeit-EKG werden kleine Elektroden an deiner Brust befestigt, die mit einem Gerät verbunden sind, das alle Herzschläge aufzeichnet. Später werden die Daten am Computer ausgewertet, und bei häufigem Auftreten von Extraschlägen wird deren Anteil in Prozent angegeben.

Blutentnahme

Bei Extraschlägen wird auch eine Blutuntersuchung durchgeführt, um nach Entzündungen zu suchen und die Schilddrüsenwerte zu überprüfen, da eine Schilddrüsenüberfunktion Extrasystolen begünstigen kann. Auch die Blutsalze wie Natrium und Kalium werden überprüft.

Herzultraschall

Wenn eine relevante Extrasystolie vorliegt, wird ein Herzultraschall durchgeführt, um zu prüfen, ob das Herz ansonsten gesund ist. Dabei können viele Erkrankungen erkannt werden, die Extraschläge verursachen können.

Herz-MRT

Sollte sich durch die bisherigen Untersuchungen kein eindeutiger Befund ergeben, kann ein Herz-MRT erwogen werden, bei dem angeborene Herzerkrankungen, Entzündungen oder Narben im Herzmuskel sichtbar gemacht werden können.

Durchblutungsstörungen ausschließen

Bei Risikofaktoren für Arterienverkalkung können weitere Tests durchgeführt werden, um eine Durchblutungsstörung auszuschließen. Sollte an einer Stelle die Blutversorgung beeinträchtigt sein, könnte sie mit einem Stent oder Bypass wiederhergestellt werden.

Wann sind Stolperschläge nicht harmlos?

In seltenen Fällen sind Stolperschläge ein Hinweis auf eine zugrunde liegende Erkrankung. Dann ist es wichtig, diese zu behandeln. Dies könnte eine Durchblutungsstörung, eine Entzündung der Herzwand (wie bei Sarkoidose) oder eine genetisch bedingte Erkrankung sein, die das Risiko für ernstere Rhythmusstörungen erhöht. In solchen Fällen wird die Grunderkrankung behandelt.

Es gibt jedoch auch die sogenannte idiopathische Extrasystolie, die ohne erkennbare Ursache auftritt. In seltenen Fällen kann auch diese unbehandelt zu einer Herzschwäche führen. Die Ursache dafür ist die ständige "Schaukelbewegung" des Herzens bei einer sehr hohen Anzahl an Extraschlägen.

Man geht davon aus, dass durch die häufigen Stolperschläge Umbauvorgänge am Herzen stattfinden können, die auf Dauer die Herzfunktion beeinträchtigen könnten. Dies betrifft vor allem Menschen, bei denen dauerhaft mehr als 16-20 % der Herzschläge als ventrikuläre Extrasystolen auftreten. Handlungsbedarf besteht erst dann, wenn etwa jeder fünfte oder sechste Schlag ein Extraschlag ist – was extrem selten ist.

Auch ist eine Behandlung nur dann notwendig, wenn diese hohe Anzahl an Extraschlägen über längere Zeit besteht. Gelegentlich findet man eine erhöhte Zahl von Extraschlägen zum Beispiel während eines Virusinfekts; ein leichter Schnupfen kann hier schon der Auslöser sein. Meist sind beim nächsten 24-Stunden-EKG die Extraschläge jedoch wieder auf einem unbedenklichen Niveau.

Was kann man gegen die Extraschläge tun?

Bei den wenigen, harmlosen Extraschlägen empfehle ich Folgendes:

Abwarten
Akzeptieren, Ablenken und Abwarten (Tee trinken und eine Netflix-Serie oder einen Tierfilm schauen zum Beispiel. Mein Favorit ist: Wohnungsputz starten, weil die leichte Bewegung auch die Extraschläge unterdrückt).

Kalium und Magnesium zuführen
Bei Kaliummangel eine Banane oder frisch gepressten Orangensaft zu sich nehmen (Kalium ist in Obst und Gemüse vorhanden). Magnesiummangel ist bei gesunder Ernährung selten, kommt aber bei Rauchern oder bei hoher Stressbelastung doch vor. Eventuell für eine Woche ein Magnesiumpräparat nach Anweisung einnehmen. Ich nehme die Magnesiumbrausetabletten aus dem Drogeriemarkt bei Bedarf. Hier lohnt sich sonst auch eine Beratung in der Apotheke.

Zigaretten weg
Ja, auch Rauchen begünstigt die Extraschläge. Es wäre so toll, wenn du ein glücklicher Nichtraucher würdest!

Kaffee meiden
Achte darauf, ob Kaffee bei dir der Auslöser für die Extraschläge ist. Dann müsstest du das Koffein meiden oder bei einer niedrigeren Kaffeedosis bleiben, falls du kleinere Mengen Kaffee verträgst.

Kein Alkohol
Bei manchen Menschen löst Alkohol die Stolperschläge aus. Wenn das bei dir auch so ist: Lass ihn weg! Auch das Gläschen Wein oder das Bier mit Freunden lieber nur gelegentlich genießen – das Herz mag es gerne ein bisschen ruhiger.

Schonkost
Bei mir stolpert es an den Feiertagen immer besonders. Wenn ich einen Namen vergeben dürfte für meine Extraschläge, dann wäre es das das Weihnachtsgans-Syndrom: Es ist wirklich so, dass bei manchen Menschen immer nach einem richtig leckeren Festessen die Stolperschläge auftreten. Ich merke das meist an Weihnachten, wenn mit der Familie geschlemmt wird. Man isst ja dann auch ein bisschen mehr von der Festtagsente und der herrlichen Nusstorte. Das Ganze hat aber auch einen beeindruckenden medizinischen Namen: Das Roemheld-Syndrom, auch als "gastro-kardiales Syndrom" bekannt. Das Syndrom beschreibt eine interessante Verbindung zwischen dem Verdauungstrakt und dem Herzen. Der Vagusnerv ist ein großer Nerv, der vom Gehirn bis in den Bauchraum verläuft und dann einen Schlenker zum Herzen zurückmacht. Wenn der Magen oder der Darm gedehnt oder gereizt wird, wie es bei Blähungen oder Völlegefühl der Fall sein kann, wird dieser Nerv ebenfalls stimuliert. Eine solche Überreizung kann auf das Herz Einfluss nehmen und es aus seinem normalen Rhythmus bringen, was Extrasystolen auslösen kann. 

Zum Glück sind die Extraschläge nach der Sahnetorte aber absolut ungefährlich.

Genug schlafen
Wenn wir wenig schlafen, dann tanzt auch das Herz gerne mal aus der Reihe.

Stress und Anspannung meiden
Wer hat heutzutage keinen Stress? Da habe ich leider auch kein Patentrezept dagegen. Aber der Stress ist eben ein echter Pulsbeschleuniger.

Auf hormonelle Schwankungen achten
Die monatliche Hormon-Achterbahn macht vor dem Herz nicht Halt. Bei manchen Frauen stolpert es besonders in der zweiten Zyklushälfte. Auch in einer Schwangerschaft treten durch die hormonellen Umstellungen gerne Extraschläge auf. Besonders in den Wechseljahren können diese zusätzlichen Herzschläge häufiger werden. Dann sollte das Thema auch mit dem Frauenarzt besprochen werden. Eine Hormonersatztherapie in den Wechseljahren kann die hormonbedingten Extraschläge mildern. Aber alle Medikamente haben Vor- und Nachteile, und eine Hormontherapie sollte gründlich und individuell mit dem betreuenden Frauenarzt abgewogen werden. Besonders, da die durch Hormonschwankungen ausgelösten Extraschläge harmlos sind.

Regelmäßige Bewegung im Alltag etablieren
Spazierengehen, Schwimmen, sanftes Training – alles, was dem Körper guttut, tut auch dem Herzrhythmus gut.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?


Medikamente

Meistens sind keine Medikamente gegen Extrasystolen erforderlich. In der Regel haben die Extraschläge keine Auswirkungen auf die Lebenserwartung, und jedes Medikament kann Nebenwirkungen haben.

Wenn die Stolperschläge jedoch so belastend sind, dass du sie nicht akzeptieren kannst, gibt es die Möglichkeit, Betablocker zu verwenden, die den Herzschlag ein wenig beruhigen. Heutzutage werden kardioselektive Betablocker eingesetzt, also Medikamente, die nur die Betarezeptoren am Herzen blockieren und dadurch relativ nebenwirkungsarm sind. Wenn Betablocker bei Herzrhythmusstörungen helfen, reichen oft schon sehr niedrige Dosen aus.

Nicht immer sind Betablocker wirksam. Bei besonders störenden Stolperschlägen kann dein Kardiologe auch andere Wirkstoffe mit dir ausprobieren.

Katheterablation

Wenn die Extraschläge große Probleme verursachen oder über längere Zeit in hoher Anzahl auftreten, kann eine Verödungstherapie (Katheterablation) in Erwägung gezogen werden. Diese Behandlung funktioniert, wenn die Extraschläge immer von derselben Stelle im Herzen ausgehen, sodass sie im EKG stets gleich aussehen.

Falls die Extraschläge im Ruhe-EKG und Langzeit-EKG aufgezeichnet wurden, kann ein Kardiologe, der auf Rhythmusstörungen spezialisiert ist, feststellen, ob die Extraschläge von der linken oder rechten Herzkammer ausgehen. Davon hängt die Planung des Verödungseingriffs ab. Anschließend wird der Arzt dir die möglichen Risiken und die Erfolgsaussichten der Therapie erläutern.

Bei der Verödungstherapie wird die Beinvene oder Arterie in der Leiste punktiert. Ein dünner Schlauch (Katheter), durch den winzige Instrumente zum Herzen vorgeschoben werden können, wird durch die Gefäße bis zum Herzen geführt. Zunächst identifiziert der Untersucher die Stelle, von der die Extraschläge ausgehen – dies ist die kathetergeführte elektrophysiologische Untersuchung des Herzens. Mit Hilfe von Radiofrequenzstrom kann der Katheter dann an der Zielstelle Hitze abgeben und das Herzmuskelgewebe veröden. Genau an der winzigen Stelle, von der die Impulse für die Extraschläge ausgehen, wird das Gewebe verödet. In vielen Fällen können die Extraschläge dadurch erfolgreich behandelt werden.

Keine Sorge – die Katheterablation ist wirklich nur in extremen Fällen nötig.

Mein Fazit

Extrasystolen sind wie kleine Überraschungen, die das Leben für uns bereithält – kleine Richtungswechsel deines tanzenden Herzens. Sie sind in der Regel kein Grund zur Sorge, sondern ein Zeichen dafür, dass jede einzelne Herzmuskelzelle die Fähigkeit hat, einen eigenen Herzrhythmus zu generieren. 

Wenn mein Herz stolpert, stelle ich mir vor, dass die winzigen Zellen uns ihre besonderen Fähigkeiten einfach nur mal zeigen möchten. 

Die Tangotänzerin schwingt ihr paillettenbesetztes Kleid. Spontan fügt ihr Partner eine ausdrucksstarke Bewegung hinzu, und genauso bringt auch die Extrasystole ein unvorhergesehenes Element in mein Herzgeschehen. 

Ha, ich habe sie akzeptiert – heute wird nicht geputzt!

Ich hoffe das dieser Artikel auch dir hilft, einen guten Umgang mit den Stolperschlägen zu finden!