Was passiert bei einem Herzkatheter?

28.01.2025

Bei einem Herzinfarkt ist ein Herzkranzgefäß verschlossen. 

Stell dir eine verkalkte Wasserleitung vor. Du öffnest den Wasserhahn, aber da kommt kein Wasser.

Herzmuskelzellen, benötigen für ihre unermüdliche Arbeit viel Energie. Wenn sie nicht mit Blut versorgt werden, streben sie ab. Deshalb führt ein Herzinfarkt ohne schnelle Behandlung oft zu einer Herzschwäche, weil die hart arbeitenden Herzmuskelzellen mit anspruchslosem Narbengewebe ersetzt werden.

Zum Glück gibt es jetzt ein Verfahren um "die Leitung wieder freizupusten".

Bei einer Herzkatheteruntersuchung kann man das verschlossene Gefäß aufdehnen und den Durchfluss mit einer Gefäßstütze (Stent) schnell wiederherstellen. Dadurch kann der Schaden am Herzmuskel oft gering gehalten werden. Durch die schnelle Gefäßwiedereröffnung sterben viel weniger Menschen an Herzinfarkten. Und die Betroffenen sind nach einem Infarkt schneller wieder fit.

In diesem Artikel erkläre ich wie eine Herzkatheteruntersuchung mit Gefäßwiedereröffnung abläuft. 

Bei einem Herzinfarkt muss es schnell gehen, da bleibt nicht immer Zeit für ausführliche Erklärungen. In so einer Situation kann es beruhigend sein zu wissen, was auf dich zukommt und wie dieses moderne Verfahren funktioniert.

Wir begleiten Wolfgang zu seinem Notfall-Herzkatheter

(Der Ablauf bei einem geplanten Herzkatheter, bei dem  erst mal geschaut wird ist anders. Hier erfährst du, wie dein Tag ablaufen könnte wenn eine Herzkatheteruntersuchung geplant ist)


"Yep, eindeutig ein Herzinfarkt! Wir müssen Sie sofort ins Herzkatheterlabor bringen", sagte der Notarzt , während er eine Flexüle – ein kleines Plastikröhrchen – in die Vene an Wolfgangs Handrücken legte.

"Ich spritze jetzt zwei Blutverdünner um weitere Verklumpungen des Blutes zu verhindern. Und ein Schmerzmittel." sagte der Notarzt.

Herzinfarkt! Herzinfarkt! Die Worte hallten in Wolfgangs Kopf. Ein Sanitäter deckte Wolfgang mit einer Papierdecke zu. Als würde ein Vater ein Kind ins Bett bringen.

Die Trage ruckelte, als die Männer ihn in den Krankenwagen schoben. Im Inneren war es kalt. Vor Wolfgangs Auge tauchte ein Bild auf, wie er mit einem Holzkreisel zwischen seinen Eltern saß. Auf einem Pferdewagen war das gewesen. Er wusste nicht wohin es ging. Aber damals hatte er auch Angst gehabt. Die kalte Luft roch stechend. Die Stimme der Mutter klang heißer. "Wenn du kooperiert hättest, hätten wir vielleicht weiter in deinem Elternhaus wohnen können. Wir hätten halt in der LPG gearbeitet." 

Der Krankenwagen bog scharf um eine Kurve, und Wolfgangs Blick fiel auf den Notarzt, der mit konzentrierter Miene seine Werte überwachte. Es war ernst, das wusste er. Aber dass das Leben so zerbrechlich war?

Welche Arten von Herzinfarkten gibt es?

Hier findest du alles über ST-Hebungsinfarkt, Nicht-ST-Hebungsinfarkt (NSTEMI) und den Herzinfarkt ohne Engstellen

Mit der knarrenden Trage ging es durch Schiebetüren und weiße Gänge.  In einer von Neonröhren beleuchtete Kammern warteten blau gekleidete Gestalten mit Häubchen und Mundschutz auf ihn. Auf diesen grün abgedecken Metalltisch sollte er rutschen. "Herzkatheter" stand auf der Türe.

Was ist eine Herzkatheteruntersuchung?

Ein Herzkatheter-Eingriff (auch Koronarangiographie genannt) ist eine Untersuchung, bei der die Herzkranzgefäße mithilfe von Kontrastmittel und Röntgenstrahlen sichtbar gemacht werden.

Der Eingriff erfolgt meist über die Leisten- oder Handgelenksarterie. Ein dünner, flexibler Schlauch – der Katheter – wird vorsichtig in den Blutgefäßen bis zu den Herzkranzgefäßen vorgeschoben. Dort wird Kontrastmittel eingespritzt, sodass die Ärzte auf dem Röntgenbild sehen können, wo die Verengungen oder Blockaden in den Gefäßen liegen.

In Wolfgangs Fall zeigte sich, dass die Vorderwandarterie des Herzens blockiert war. Diese Blockade verursachte den Herzinfarkt.

Hier kam die PTCA (Perkutane transluminale koronare Angioplastie) zum Einsatz. Bei dieser Methode wird die verengte oder blockierte Arterie mit einem Ballon aufgedehnt. Der Ballon wird am Ende eines Katheters positioniert, dann aufgeblasen und erweitert das Gefäß, sodass das Blut wieder ungehindert fließen kann.

Um sicherzustellen, dass die Arterie offen bleibt, wird ein Stent eingesetzt – ein kleines, röhrenförmiges Metallgitter. Der Stent wird zusammen mit dem Ballon an die Stelle der Verengung geführt. Sobald der Ballon aufgeblasen wird, entfaltet sich der Stent und bleibt dauerhaft in der Arterie, um das Gefäß zu stützen und ein erneutes Zusammenziehen zu verhindern. Bei Wolfgang wurde dieser Stent erfolgreich in der Vorderwandarterie platziert, wodurch der Blutfluss wiederhergestellt wurde und sein Herz wieder ausreichend mit Sauerstoff versorgt war.

Wolfgangs Geschichte

"Es piekt jetzt einmal!", sagte der große Blaue und Wolfgang spürte einen Stich am rechten Handgelenk. Es drückte kurz am Arm, dann wurde es warm in der Brust und auf dem Bildschirm über ihm erschien ein graues Bild mit schwarzen Flüssen. Eine weiße Kapsel an einem halbrunden Bogen fuhr um ihn herum und es wurde wieder heiß.

"Die Vorderwandarterie ihres Herzens ist zu. Wir dehnen den Verschluss jetzt auf!", sagte der Arzt und wandte sich dann an seine blaue Kollegin "Einmal vordilatieren und dann nehme ich den 3-Milimeter-Promus-Stent."

Wolfgang schloss seine Augen. Schwarze Gestalten marschierten durch das Bauernhaus seines Großvaters. Es war ein kalter Wintertag gewesen, als die Funktionäre gekommen waren. Wolfgangs Vater hatte stumm zugesehen, während fremde Männer Listen machten und Anweisungen gaben. Seine Mutter hatte ihre Lippen zusammengekniffen, als sie die Habseligkeiten der Familie zusammenpackte. Außer der Erstlesefibel und der Schiefertafel hatte Wolfgang nur den hölzernen Kreisel, den sein Großvater für ihn geschnitzt hatte, aus dem Bauernhaus mitgenommen.

"Die Welt gehört denen, die stark genug sind, sie sich zu nehmen." hatte der Vater zu Wolfgang gesagt, als sie die Kisten in eines der zugigen Vorkriegs-Arbeiterhäuser trugen.

Wolfgang öffnete die Augen wieder. Damals hatte er sich geschworen, dass er niemals zulassen würde, dass jemand ihm die Kontrolle über sein Leben nahm. Er würde zu den Starken gehören, denen die Welt gehört. Und jetzt? Jetzt war es sein eigener Körper, der ihm die Kontrolle entriss.

"Okay, wir sind an der Läsion. Ballon liegt, Marker sind korrekt. Wir starten bei sechs Atmosphären.", sagte der Arzt.

Wolfgang spürte wie der Druck in seiner Brust zunahm. Ein Wackerstein, der das Atmen unmöglich machte. Ein Brennen das sein ganzes Sein einnahm.

Was, wenn dies das Ende ist? dachte Wolfgang. Er starrte an die weiße Decke und sah dort Bilder seines Lebens vor sich, wie auf einer unscharfen Filmrolle: endlose Tage auf Baustellen, schlaflose Nächte über komplizierten Aufträgen, der ewige Kampf, die Kontrolle zu behalten. Er hatte immer nur gearbeitet.

Aber wofür? Warum hatte er nicht mehr Zeit mit seiner Familie verbracht? Wie oft hatte er seine eigenen Gefühle verdrängt, um stark zu wirken?

Er erinnerte sich an die unzähligen Male, als Kunden ihn spätabends noch anriefen, weil "irgendwo der Strom ausgefallen" war. Wie oft hatte er Geburtstage oder Abende mit seiner Frau und seinen Kindern verpasst?

Er hatte sein Leben geplant, organisiert, kontrolliert – jedes Projekt abgeschlossen, jede Rechnung beglichen. Aber hatte er jemals wirklich Glück zugelassen?

"Lumen sieht gut aus. Druck langsam ablassen."sagte der Arzt.

In Wolfgangs Brust ließ das Brennen nach und ein Hauch von Weite war zu spüren.

Wenn ich das überlebe, dachte er, dann werde ich etwas ändern. Ich werde leben – nicht nur existieren.

Tränen stiegen ihm in die Augen, aber diesmal hielt er sie nicht zurück. Es war, als würde etwas in ihm brechen – und zugleich etwas Neues beginnen.